Bürgerinfo - Gemeinde Wandlitz
Begründung / Erläuterung
Begründung / Erläuterung Die Gemeindevertretung hat auf ihrer Sitzung am 19.02.2015 den Ausbaubeschluss für die im Siedlungsgebiet Memel- / Havelstraße im Ortsteil Wandlitz liegenden Straßen, mit Ausnahme der Netzestraße, gefasst. Die erstmalige endgültige Herstellung der Fahrbahn, der Oberflächenentwässerung sowie der Beleuchtung ist programmgemäß in den Jahren 2015 und 2016 erfolgt.
Im Anschluss wurden die Eigentümer zur Zahlung eines Erschließungsbeitrages für die im jeweiligen Abrechnungsgebiet liegenden Grundstücke herangezogen. Die festgesetzten Erschließungsbeiträge sind, mit Ausnahme von zwei Bescheiden, die die Erschließungsanlage „Elbestraße einschließlich Bodeweg“ betreffen, bestandskräftig.
Gegen diese beiden Bescheide wurde nach erfolglosem Abschluss des Widerspruchsverfahrens Klage beim Verwaltungsgericht erhoben.
Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren wurden Zweifel im Hinblick auf die vorgenommene Bestimmung der maßgeblichen Erschließungsanlage geäußert.
Der Begriff der Erschließungsanlage im Sinne des § 127 Abs. 2 Baugesetzbuch (BauGB) stellt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auf eine natürliche Betrachtungsweise ab. Maßgeblich ist hierbei das Erscheinungsbild, also die tatsächlichen Verhältnisse, wie sie z.B. durch die Straßenführung, Straßenbreite, Straßenlänge und Straßenausstattung geprägt werden und sich im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflichten einem unbefangenen Beobachter darstellen.
Der Bodeweg vermittelt einem unbefangenen Beobachter den Gesamteindruck, dass es sich hierbei um ein sogenanntes „unselbstständiges Anhängsel“ der Elbestraße handelt. Ein „unselbstständiges Anhängsel“ liegt in der Regel vor, wenn eine von einer Hauptstraße abzweigende, gerade verlaufende Stichstraße bis zu einer Länge von 100 m vorliegt und diese nur wenige Grundstücke erschließt, sodass eher der Eindruck einer Zufahrt vermittelt wird. Dies ist hier der Fall. Der Anfang bzw. das Ende der Erschließungsanlage „Elbestraße einschließlich Bodeweg“ befindet sich nach Auffassung der Verwaltung in den Knotenpunkten zur Netzestraße bzw. Weichselstraße. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass die Kurven aufgrund der konkreten örtlichen Gegebenheiten eine deutliche Zäsur darstellen. Zum anderen unterscheidet sich in der Gesamtbetrachtung das Erscheinungsbild der Weichselstraße und der Netzestraße von dem der Elbestraße erheblich. So wurde beidseitig der Fahrbahn der Weichselstraße eine breite und flach verlaufende offene Muldenentwässerung hergestellt. Der Straßenbereich wirkt aufgrund der Straßenraumbreite von im Mittel 15 m insgesamt offen und weiträumig. Die Netzestraße weist ebenfalls eine Straßenraumbreite von 15 m auf.
Die Elbestraße weist eine wesentlich andere Ausstattung auf. Aufgrund des geringen zur Verfügung stehenden Straßenraumes war die Herstellung einer offenen Muldenentwässerung nicht möglich. Die lichte Breite des Straßenraumes beträgt im Mittel 7,5 m und ist damit lediglich halb so breit - verglichen mit der Weichsel- und Netzestraße. Um ein sicheres Ableiten des anfallenden Niederschlagswassers zu gewährleisten, war die einseitige Anlage von Rohrrigolen als Mulden-Rigolensystem erforderlich. Das Straßenbild ist aufgrund der untypisch geringen Straßenraumbreite grundlegend verschieden, sodass bei natürlicher Betrachtungsweise aus vorgenannten Gründen nicht der Eindruck einer einheitlichen Erschließungsanlage entstehen kann. Es liegen somit nach Auffassung der Verwaltung drei selbstständige Erschließungsanlagen vor. Auf dieser Grundlage erfolgte auch die Erhebung der Erschließungsbeiträge.
Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren wird jedoch vertreten, dass die maßgebliche Erschließungsanlage aus den Straßen Weichselstraße, Elbestraße, Bodeweg und Netzestraße bestehe.
Diese Auffassung würde zu einer Klagestattgabe führen, da die Teileinrichtungen Fahrbahn und Oberflächenentwässerung der Netzestraße noch nicht erstmalig endgültig hergestellt wurden. Die von den beiden Klägern gezahlten Erschließungsbeiträge wären zu erstatten.
Dies gilt nicht für die übrigen bestandskräftigen Erschließungsbeitragsbescheide.
Gemäß § 130 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 BauGB kann der beitragsfähige Erschließungsaufwand für bestimmte Abschnitte einer Erschließungsanlage ermittelt werden. Abschnitte einer Erschließungsanlage können gemäß § 130 Abs. 2 S. 2 BauGB nach örtlich erkennbaren Merkmalen oder nach rechtlichen Gesichtspunkten gebildet werden. Bei einer Verschwenkung, nach bislang geradem Straßenverlauf, handelt es sich um ein örtlich erkennbares Merkmal im Sinne des § 130 Abs. 2 S. 2 BauGB (vgl. VG Berlin, Urteil vom 21.11.2013, VG 13 A 129.08; bestätigt durch OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10.03.2016, OVG 5 B 9.14 Rn. 65).
Somit ist die Abschnittsbildung, jeweils im Bereich der Kurven Netzestraße / Elbestraße sowie Elbestraße / Weichselstraße zulässig.
Die Abschnittsbildung kann auch noch im Laufe des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens vorgenommen werden.
Die Beschlussfassung über die Abschnittsbildung ist zur Vermeidung eines Prozessrisikos angeraten.
Beschlusshistorie BV-GV/2013-0562 BV-GV/2014-0077 BV-HA/2015-0057 BV-GV/2021-0359
Gesetzliche Grundlagen §§ 127 ff. Baugesetzbuch Erschließungsbeitragssatzung Finanzielle Auswirkungen: Nein
Beschluss: Die Gemeindevertretung beschließt auf der Grundlage des § 130 Abs. 2 BauGB die Bildung eines Abschnittes, bestehend aus dem Bodeweg sowie der Elbestraße, die ausgehend vom Bodeweg jeweils mit Beginn des Kurvenbereiches zur Netzestraße und zur Weichselstraße beginnt bzw. endet.
Anlagen: Übersichtslageplan
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